Eines Morgens klopfte es an meiner Haustür und drei schwarz gekleidete Männer mit dunklen Sonnenbrillen standen mir gegenüber. Ich grüßte sie freundlich, sie sagten nur “Grüß Gott!” und ehe ich michs versah, saß ich schon in Boxershorts, Ruderleiberl und Flipflops in der Kanzlerlimousine. Ich wurde zum wesentlichen Bestandteil eines wichtigen Gespräches:
“Herr Buchgrabner, Ihr Vorgänger wurde soeben vom Dienst wegstrukturiert, ob Ihrer Vita sind genau Sie nun der Auserwählte.” Ich erhob meine schwach ausgeprägten Augenbrauen in Richtung türkis geblümelter Autodecke und fragte: “Habe ich eine Wahl?”
Wie mit einer Stimme antworteten mir die Herren im Triple:
“Selbstverständlich, haben Sie die Wahl! Nämlich die unseres Kanzlers!” Daraufhin wurde ich mit folgender Mission beglückt: Basierend auf meiner langjährigen Erfahrung als Schauspieler, Autor, Kabarettist in Kombination mit meiner juristischen Grundausbildung und vererbten Theateraffinität muss ich nun dem Kanzler sagen, wie man (also er) es in Zeiten der Pandemie richtig sagt.
Endlich dem Kanzler eine gute Rede schreiben. Innerlich jubelnd willigte ich als grundpositiver Mensch sofort ein, ihm eine Rede zu schreiben, um der Menschheit endlich mal etwas Gutes zu tun. Den irritierten Blicken meiner türkis-sonnenbebrillten Gesprächspartner entnahm ich jedoch ein gewisses Unverständnis ob meiner Glückseligkeit. “Es geht nicht um den Inhalt. Es geht um die Performance!”, sagte einer der drei. Sie sahen alle irgendwie gleich aus. Sogar die gleiche Frisur. Irgendwie beneidenswert, dachte ich mir.
Egal, ich begann mit meiner Rede für den Kanzler:
“Wir leben in einer Welt, in der wir manches nicht kontrollieren und verändern können. Vielen Vorfällen sind wir ausgeliefert, ob wir das wollen oder nicht. Wir sind zu Gast auf dieser Erde. Die Zeit ist ein hohes Gut, wichtiger als Geld. Letztendlich geht es immer nur um das eine. Habe ich heute wirklich mein Bestes getan? Habe ich geholfen? Habe ich meinen KollegInnen und der Opposition aufmerksam zugehört? War ich heute achtsam und freundlich genug? Habe ich mit meinen Kindern gespielt? Weiß ich wirklich, wie es ihnen in Zeiten wie diesen geht? Lebe ich noch meinen Traum? Höre ich auf meine innere Stimme? Bin ich der, der ich immer sein wollte? Habe ich meiner geliebten Geliebten heute schon gesagt, dass ich sie liebe? Habe ich auf mich geachtet? Geht es im Kleinen, dann klappt es auch im Großen, liebe Österreicherinnen und -reicher …”
Auf einmal wurde ich wild aus der Kanzlerlimousine gezerrt. Jemand kreischte und klopfte wild gegen meinen Schädel. Ich war perplex! Meine Kleine stand ungeduldig neben dem Bett und wollte spielen. Alles nur ein Traum? Ich blinzelte auf die Uhr. Es war Samstag um 6 Uhr 15. Mir fiel der alte Witz ein: “Wo ist der Unterschied zwischen einem Mann mit sieben Millionen und einem Mann mit sieben Kindern?” Der mit den Millionen will weitere.
Ich nehme die Kinder. Samt der Zukunft.